Auswirkungen von Hohlräumen unter Bauelementen auf die Systemzuverlässigkeit von Elektroniken und Mikrosystemen (AHBSEM)
Elektronische Baugruppen werden zum Schutz vor rauen Umgebungsbedingungen häufig mit Schutzlacken versehen. Dabei lassen sich unter Bauteilen und in Form von Blasen Hohlräume in der Schutzlackschicht fertigungstechnisch nicht vollständig verhindern. In der nachfolgenden Prozesskontrolle führt dies zu einer pauschalen negativen Einstufung der betroffenen Bauteile und damit zu erhöhtem Ausschuss.
Beschichtungsfehler und ihre Risiken
Durch die Beschichtung von Leiterplatten mit Schutzlacken kann die Zuverlässigkeit elektronischer Baugruppen in feuchter und aggressiver Umgebung erhöht werden. Aus kleinen, beim Lackieren unvermeidbaren Hohlräumen entstehen häufig Blasen in der Lackschicht, da sich die eingeschlossene Luft während der Lackhärtung im Ofen ausdehnt. Dabei sind das kritischste Beispiel für Hohlraumbildung sogenannte Bridging Bubbles (verbindende Blasen), bei denen die Gasblasen zwischen den miniaturisierten Bauteilen oder Kontaktbeinchen mit unterschiedlichen Spannungspotenzialen gefangen bleiben.
In den Hohlräumen können durch eindiffundierende Feuchte Mikroklimata entstehen. Diese Feuchte in Kombination mit den anliegenden elektrischen Potenzialdifferenzen und der Anwesenheit von Prozessrückständen können zur Elektrolytbildung zwischen den elektrischen Kontakten der Bauteile führen und elektrochemische Korrosionsprozesse initiieren. Dies erhöht das Ausfallrisiko der elektronischen Baugruppe wesentlich.
Aktuelle Bewertungsverfahren von Schutzverlackungen und deren Folgen
Trotzdem wird das Ausfallrisiko durch Blasen / Hohlräume in verlackten elektronischen Systemen bislang nur pauschal und ohne wissenschaftlich fundierte Beweisführung bewertet. Diese Einschätzung führt kombiniert mit den sehr strengen Vorgaben der Industrie zum direkten Ausschluss von lackierten Baugruppen mit optisch sichtbaren Hohlräumen oder Blasen, obwohl bisher keine fundierten Daten zur tatsächlichen Risikobewertung vorliegen.
Da die Schutzverlackung ganz am Ende des Fertigungsprozesses steht und eine Nacharbeitung der bemängelten Baugruppen sehr aufwendig, oft technisch nicht möglich und für viele Anwendungen sogar ausgeschlossen ist, führt diese pauschale Einschätzung zu erheblichen wirtschaftlichen und ökologischen Nachteilen.
Der Lösungsansatz und das Ziel des Projekts AHBSEM
Für die Untersuchung der Auswirkungen von Hohlräumen und Blasen unter Bauelementen werden diese im Rahmen des Projekts zunächst gezielt auf Testsubstraten und Realbauteilen erzeugt. Durch eine Klimaauslagerung bei gleichzeitiger elektrischer Beschaltung werden die Bauteile belastet und zugleich auf Ausfälle überprüft. Im Anschluss werden die ausgelagerten Proben sowohl oberflächenanalytisch, als auch mikrostrukturell untersucht. Zudem wird die Feuchtediffusion durch den Lack in Hohlräume mittels Simulationen genauer betrachtet.
Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten werden in eine wissenschaftlich fundierte Risikobewertung des Schadenpotentials von Hohlräumen und Blasen in verlackten elektronischen Systemen überführt. Daraus entsteht ebenfalls eine Handlungsempfehlung zur elektrochemischen Bauteilzuverlässigkeit. Durch die damit verbundene Reduktion von Ausschuss, Verbesserung der Risikoeinschätzung und Kommunikation entlang der Wertschöpfungskette entsteht eine enorme wirtschaftliche Hebelwirkung.